Bericht vom Kurzfilmfestival Nord

Darauf hatten Filmerinnen und Filmer aus ganz Norddeutschland lange gewartet: endlich fand das Kurzfilmfestival Nord des BDFA-Nord e.V. wieder als Wettbewerb um Auszeichnungen und Weitermeldungen statt. Seit Herbst 2019 konnten Jury-Diskussionen und Auszeichnungen nur online stattfinden.

Jetzt trafen sich rund 40 ambitionierte Filmerinnen und Filmer sowie Gäste in den Harsefelder Lichtspielen und genossen ein anspruchsvolles Programm. Für ein paar Stunden traten sogar pandemische und militärische Katastrophen ein wenig in den Hintergrund.

Kino in allen Farben: die Harsefelder Lichtspiele

Seminare

Früh Angereiste freuten sich am Abend vor dem Festival über zwei interessante Seminare: Hans-Jürgen Schekahn führte durch den Dschungel des Urheber- und Lizenzrechts und zeigte am Ende, wie Filme gefahrlos mit einem anspruchsvollen Soundtrack ausgestattet werden können. Christian Brülle-Drews hatte Kameras aus der Frühzeit des Amateurkinos dabei und präsentierte multimedial altes Edelmetall und Anekdoten rund um die Erfindung des Schmalfilms.

“Die Geschichte des Amateurfilms”

Filme

Im Rahmen des Festivals wurden 21 Wettbewerbsfilme präsentiert. Ergänzt wurden sie durch einige BFF-Beiträge, die vorher noch nie auf der großen Leinwand zu sehen waren. Eine Dokumentation über den Umbau des historischen Kinos rundete das Programm ab. Nach jedem Film wurden die Autorinnen und Autoren nach vorn gebeten, erhielten eine erste Urkunde und konnten ihr Werk mit einigen Worten kommentieren.

Mit Nick Hochs BFF-Beitrag „Weil Manni ein Genie ist“ und Norbert Schwarzschulz‘ Kläuse malendem Klaus waren gleich zwei Filmportraits über skurrile Künstler zu sehen.

In „David gegen Goliath“ verglich Helmut Lange nicht nur eine aktuelle GoPro ActionCam mit dem mechanischen Wunderwerk Bolex H16. In seinem Beitrag schimmerte auch ein wenig Melancholie durch: ein kleines Plastikkästchen, das die Bolex, stets treuer aber anspruchsvolle Begleiter in allen Lebenslagen, für immer überflüssig macht.

Christa Müller erklärte in ihrem nostalgisch anmutenden Reisefilm „Indien“ ihrem Enkel einige Eigenarten des quirligen Subkontinents.

Das Publikum reiste zum Blues nach Memphis, durch Hamburg und nach Bremen und erlebte per Filmtagebuch noch einmal den Einbruch des gesamten gesellschaftlichen Lebens in den Tagen der Lockdowns.

Film-musikalisch ging es mit Blues nach Memphis, mit Axel Zwingenberger über die Güterumgehungsbahn, mit Ludwig van Beethoven an die Nordsee und mit Thomas Hengelbrocks Eröffnungskonzert zur nächtlichen Elbphilharmonie. Politisch wurde es bei der Bundestagsrede des Abgeordnete Jonny Reimers von der Partei „Hopfen und Malz“, und eine Minute psychologisch bei Werner Fitzeks Fragen nach matriarchatischem Recht und Unrecht.

Das alles mit perfekter Projektions- und Soundtechnik. Für den Testlauf zur DAFF22 hatten die Technik-Teams die Probleme mit der nagelneuen Saaltechnik in den Griff bekommen.

Jury

Dann diskutierte nach jedem der drei Filmblöcke die Jury, moderiert vom Jury-Beauftragten Norbert Meyer. Die Jurorin Ilka Burmeister und ihre drei Kollegen Thomas Tiefelsdorf, Horst Pöhlmann und Hans-Jürgen Schekahn besprachen kompetent die gestalterischen und technischen Eigenarten der Beiträge. Dass die Jurymitglieder die Filme vorab erhalten und artig zuhause durchgearbeitet hatten, zeigte sich in gut vorbereitetem Lob und Tadel.

Die gut gelaunte Jury und ihr Lohn der harten Arbeit

Junger Film Nord Förderpreis

Für die Gruppe „KoMeT“ wurde der Besuch zum ganz großen Kino. Die Jugendlichen um Mirzad Dzombic entwickeln, gestalten und drehen Spielfilme. Manche an einem Tag, manche brauchen Wochen. Drei Beiträge wurden auf dem Festival gezeigt und von der Jury bewertete: „Das Corona-Tagebuch“, „Handy-Fund“ und „Krimi“. Am offenbar eilig realisierte „Krimi“ äußerte die Jury strenge Kritik, aber das „Corona-Tagebuch“ wurde mit einer Weitermeldung und von den Zuschauenden mit dem begehrten Publikumspreis belohnt. Die Arbeit der Gruppe KoMet, die Jugendlichen in schwierigen Lebensphasen Angebote im Bereich Medienkompetenzbildung machen, wurde vom Landesverband mit dem zum ersten Mal vergebenen „Junger Film Nord Förderpreis“ belohnt. Das ist sicher eine gute Verwendung der nicht ausgeschütteten Preisgelder aus dem Wettbewerb „Junger Film Nord“.

Mirsad Dzombic von der Gruppe KoMet und Ausrichter Rainer Drews…
… und ambitionierte, junge Talente

Beiträge des Hamburger Film Clubs

Christine Tiefelsdorfs Film “Schnell weg da” und Thomas Tiefelsdorfs Film “Lichter der Großstadt” erhielten besondere Auszeichnungen für den Schnitt und die begehrte Weitermeldung zum Bundesfilmfestival “Fiction” in Schrobenhausen.

Rainer Drews und Christine Tiefelsdorf

Online-Festival

Sie haben das Festival verpasst oder konnten nicht teilnehmen? Alle Mitglieder des BDFA-Nord erhalten auch diesmal ein digitales Programmheft und können sich alle Festivalfilme, mit Ausnahme der BFF-Beiträge, noch einmal in Ruhe zuhause anschauen.


Bildnachweise:
Logo: Erika Windeler/Christian Brülle-Drews, Foto1: Kathrin Schneider/Kino-Hotel Meyer
Foto 2: T. Tiefelsdorf/HFC, Fotos 3-5: Norbert Schwarzschulz/BDFA-Nord e.V.